Crailsheim - Schwäbisch Hall - Hessental
Öhringen Hbf - Heilbronn Hbf (- Eppingen)
1862 - 2021 (Eröffnung 02. August 1862)
Bahnstation ohne Gleisanschluss
Markantes Gebäude in Schwabbach Ort als Bahnhof - Legende oder historische Tatsache?
von Gerhard Gutbrod †
Auswärtige Besucher sind immer wieder irritiert, wenn die Schwabbacher von ihrem
Bahnhof sprechen. “Wo sind denn hier die Gleise und die Züge?” heißt es dann oft,
denn die Bahnstrecke Heilbronn-Schwäbisch Hall verläuft kilometerweit entfernt bei
Bretzfeld. Geht man der Sache nach, wird man auf ein stattliches Gebäude
verwiesen, das direkt bei der Ampelkreuzung an der Hauptstraße steht. Im
Erdgeschoss der Westfassade, wo die Straße zur Autobahn vorbeiführt, fallen drei
Fenster auf, die von kantigen Halbsäulen aus Sandstein eingefasst sind. Denkt man
sich die Fenster weg, könnte dies einmal ein dreitüriger Eingang oder Durchgang
gewesen sein.
“Das war der Ausgang zu den Gleisen”, weiß Theodor Hermann (87) aus
Schwabbach, der in dem großen Raum dahinter mit seinem Schulfreund einst
gespielt hat. Und das Spielzeug war passender Weise die Eisenbahn. Der
geschichtsinteressierte Senior hat keine großen Zweifel an der Geschichte vom
Schwabbacher Bahnhof, die in seiner Volksschulzeit im Heimatkundeunterricht
behandelt wurde. Dazu gehört auch, dass er Fragen zum untypischen Aussehen des
“Bahnhofs” und zu dessen Lage quer zum heutigen Streckenverlauf schlüssig
erklären kann.
Demnach sollte die Bahnlinie zwischen Weinsberg und Öhringen ursprünglich über
Hölzern und Schwabbach nach Bretzfeld führen, weil sie kürzer gewesen wäre. Wie
alle Gemeinden damals, wollte auch Schwabbach unbedingt einen Bahnanschluss
und baute schon mal auf eigene Kosten und Risiko das Bahnhofsgebäude Wenn
der Bau aber nicht von der Bahngesellschaft in deren einheitlichem Stil errichtet
wurde, wäre sein abweichendes Aussehen nicht verwunderlich. Und die Lage,
rechtwinklig zum heutigen Streckenverlauf, würde sich durch den Tunnel erklären,
mit dem man ab Hölzern den Steinernen Tisch unterqueren wollte. Die Züge wären
in dem kleinen Tal bei der Schwabbacher Mehrzweckhalle wieder ans Tageslicht und
somit am Bahnhof Schwabbach vorbei gekommen, wenn sie weiter nach Bretzfeld
dampfen wollten. “Wahrscheinlich ist das Vorhaben an den Kosten für den Tunnel,
aber auch am Einspruch der Gemeinden im Weinsberger Tal gescheitert, die
ebenfalls einen Anschluss haben wollten”, vermutet Theodor Hermann. Damit hatte
der Bahnhof seinen Zweck verloren.
Soweit klingen Hermanns Erläuterungen recht plausibel, aber wo sind die Belege?
Im Staatsarchiv finden sich jedenfalls keine Unterlagen. Vielleicht sind diese auch
einfach mit verbrannt worden, als die Amerikaner 1945 einmarschierten und
belastendes Material beseitigt wurde.
Was bleibt also von der Schwabbacher Eisenbahn-Historie? Die Legende vom
Bahnhof und ein real existierendes Gebäude, das aber nie einen Zug gesehen hat.
Hohenloher Zeitung, 28. März 2012: