Crailsheim - Schwäbisch Hall - Hessental
Öhringen Hbf - Heilbronn Hbf (- Eppingen)
1862 - 2021 (Eröffnung 02. August 1862)
Streit um die Streckenführung der Kocherbahn
Heilbronn und Weinsberg kippten die ursprüngliche Trassenplanung über Neckarsulm
von Gerhard Gutbrod †
Soll die neue Bahnstrecke Heilbronn - Schwäbisch Hall über Neckarsulm oder Weinsberg führen?
Diese Frage beschäftigte in den 1850er Jahren fast das gesamte Unterland Beide Varianten hatten ihre Vor-
und Nachteile. Eine Linienführung über Neckarsulm und Neuenstadt in Richtung
Öhringen hätte entlang von Neckar, Kocher und Brettach keine bautechnischen Probleme bereitet, weil dort
nur unbedeutende Steigungen zu überwinden gewesen wären. Außerdem müssen beim Bahnbau
entlang von Flussläufen in der Regel keine teuren Kunstbauten wie Brücken und Tunnels errichtet werden. Es
erscheint deshalb plausibel, dass man die Neckarsulmer Trasse zunächst favorisierte, obwohl die
Strecke länger geworden wäre, als die über Weinsberg.
Hohenloher Zeitung, Freitag, 16. März 2012
Treibt man die Linie aber in Richtung Weibertreu voran, stellt sich den Bahnbauern kurz nach dem
Trappensee ein ausgedehnter Höhenzug, der Galgenberg, in den Weg. Diese Barriere ist so hoch und
steil, dass die Eisenbahn nur durch einen fast 900 Meter langen Tunnel, dessen Bau zu damaliger Zeit
mit hohen Risiken und nicht absehbaren Kosten verbunden war, die andere Seite erreichen kann.
Die Entscheidung fiel trotz dieser Erschwernisse aber dennoch für Weinsberg und zwar aus einem
Grund, der mit den geographischen Verhältnissen gar nichts, aber viel mit der Rivalität zwischen den
Städten Heilbronn und Neckarsulm zu tun hatte. In unmittelbarer Nachbarschaft zu Heilbronn sollte
nämlich in Neckarsulm ein neuer Hafen gebaut werden. Mit einem zusätzlichen Bahnanschluss wären die
Warenströme aus Richtung Norden und aus Hohenlohe also zunächst in
Neckarsulm angekommen und Heilbronn wäre abgehängt gewesen. Die Heilbronner handelten und
schickten am 10. Juli 1858 eine Delegation zu König Wilhelm nach Stuttgart, wo man unter anderem
darüber klagte, sich kaum der "ausländischen Konkurrenz" (dem badischen Mannheim) erwehren zu können.
Zusätzlich machte der Heilbronner Gemeinderat der Eisenbahnvewaltung ein Angebot zur Kostendämpfung,
in dem man alle für den Bau benötigten Grundstücke und die Bausteine kostenlos zur Verfügung
stellen wolle, wenn die Strecke über Weinsberg geführt würde. Schon drei Monate früher hatte auch die
Bevölkerung des Weinsberger Tals in einer Eingabe daran erinnert, dass Weinsberg den gesamten
Warentransport aus der Region verlöre, wenn es keinen Bahnanschluss erhielte In ähnlicher Weise
argumentierte man natürlich auch im Neckarsulm und Neuenstadt, doch die Würfel waren wohl gefallen.
© Axel Groß, Neuenstein